Definition
Analfissuren sind eines der schmerzhaftesten analen Krankheitsbilder. Eine Analfissur ist ein länglicher Gewebsdefekt im Analkanals (Abb. 1 ), der am häufigsten zwischen Linea dentata und Anokutanlinie aufgrund der hier relativ geringen Durchblutung an der hinteren Zirkumferenz bei 6 Uhr in Steinschnittlage (>80%) auftritt.
Analfissuren entstehen nicht nur primär in normalem Anoderm, sondern auch, sekundär; als Begleitläsion, z.B. nach operativen Eingriffen, bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) oder bei Analstenosen unterschiedlicher Ätiologie.
Bei der Geschlechts- und Altersverteilung zeigen sich Männer häufiger betroffen als Frauen mit einem Altersgipfel zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr
Die akute, frische Analfissur äußert sich mit teils sehr heftigen bei der Defäkation einsetzenden und danach oft anhaltenden, stechenden Schmerzen mit unterschiedlich starken Blutungen und entzündlichen Veränderungen wie Schwellung, Rötung und schleimiger Sekretion. Durch reflektorische Erhöhung des Dauertonus des Schließmuskels kommt es zu einem Circulus vitiosus, da es hierbei zu einer schmerzbedingetr Verengung des Afters und folglich zu einer gestörten Wundheilung mit nicht-heilung der Analfissur kommt.
Im chronischen Stadium, findet man morphologisch meist die klassische Trias: kallöses Ulkus mit sichtbaren querverlaufenden, weißlichen Fasern des Schließmuskels am Grund, hypertrophe Analpapille und Marisken, die sogenannten Vorpostenfalten.
Grundlage der multifaktoriellen Entstehung von Analfissuren sind lokale Reizungen, sei es durch mechanische oder chemische Ursachen (Obstipation, prolabierende Hämorrhoiden, anale Manipulation). Differentialdiagnostisch kommen anale Ulzera im Rahmen von Infektionskrankheiten mit anogenitaler Manifestation oder bei analen Neoplasien vor.
Abb. 1a und b. chronische Analfissuren mit der typischen morphologischen Trias: hypertrophe Analpapille (hier nicht dargestellt), kallöser Fissurrand (F) und Vorpostenfalte (V); Analrandfibrom (Fb)
Es ergeben sich drei Theorien zur Entstehung von Analfissuren:
- direktes Trauma (harter Stuhl oder chronische Diarrhoe)
- kryptoglanduläre Infektionen mit Analfisteln
- Sphinkterspasmus
Bei der Analfissur handelt es sich um ein länglicher Geschwür im Analkanal mit einem daruntergelegenen entzündlichen Infiltrat. Fast immer findet sich die Fissur im Bereich der hinteren Kommissur. Bei chronischen Fissuren bilden sich apikal oft ein sogenannter Analpolyp und kaudal eine derbe, meist entzündlich infiltrierte Vorpostenfalte.
Die Voraussetzung für das Auftreten einer Fissur scheinen lokale Durchblutungsstörungen zu sein. Dann können Verletzungen im Analkanal, z.B. sehr harter Stuhl oder anale Thrombosen u.a. nicht nur
Läsionen verursachen,sondern auch zu entzündlichen Infiltrationen in der Tiefe führen. Hierdurch ist der Schließmuskel in den Krankheitsprozess mit einbezogen. Das hat einen stark ausgeprägten Sphinkterhypertonus zur Folge.Außerdem treten heftige Schmerzen beim Stuhlgang auf (Sofortschmerz), die Stunden, u.U. den ganzen Tag lang, anhalten können. Bei akuten Fissuren findet man oft streifenförmig Blut auf dem Stuhl.
Diagnostik
Die obligate Diagnostik beinhaltet neben der Anamnese eine genaue Inspektion und Palpation der Anal- und Perianalregion (Ruhe- und im Preßversuch) sowie die rektaldigitale Untersuchung und Rektoskopie. Eine endoskopische Abklärung des Kolonrektums sollte bei allen Patienten über dem 40 Lebensjahr mit Blutungssymptomatik und bei Risikopatienten (familiäre Anamnese, usw.) nach dem 35 Lebensjahr erfolgen.
Therapie
Nicht abheilende Fissuren lassen sich auch-ambulant in der Praxis-operativ beseitigen. Das Prinzip solcher Operationen ist eine Durchtrennung des M. sphinkter ani internus in seinem kaudalen Anteil. Zwei Möglichkeiten bieten sich hierfür an. Die laterale Sphinkterotomie wird unabhängig vom Sitz der Fissur bei 4h in Steinschnittlage vorgenommen. Das Anoderm bleibt dabei intakt. Die mediale Sphinkterotomie erfolgt im Bereich der Fissur, wobei auch narbig und nekrotisch verändertes Gewebe sowie die Vorpostenfalte und der Analpolyp mitentfernt werden. Die Erfolge hierbei sind besser als bei der lateralen Sphinkterotomie. Die Wundheilung nimmt allerdings oft 8-10 Wochen in Anspruch.
Das Behandlungskonzept von Analfissuren umfasst konservative Therapieschritte aber auch chirurgische Exzision und Sphinkterspaltung. Eine stadiengerechte Therapie entscheidet über den Erfolg bei der Behandlung. Akute Analfissuren sollten ausnahmslos konservativ behandelt werden. Dabei kommen eine kausale und eine symptomatische Therapie in Frage. Kausal sollte eine ausgeglichene Stuhlregulierung mit nicht zu hartem Stuhlgang erzielt werden. Ballaststoffreiche Ernährung, reichlich Flüssigkeitszufuhr aber auch der Einsatz von milden Abführmitteln, Lactulose oder Macro- gol (z.B. Agaffin®, Laevolac®, Movicol®) sollte empfohlen werden.
Es empfiehlt sich die protrahierte Sphinkterdehnung mit Hilfe eines Analdehners (z.B. Anodil®) nach primär ambulante Injektion eines Lokalanästhetikums unter den Fissurgrund und anschließend eine tägliche selbst vorzunehmen Sphinkterdehnung mit lokal anästhesierendem Gleitgel (z.B. Xylocain® 2%) und Nifedipin-Salbe. Topisches Nifedipin wirkt muskelrelaxierend, entzündungshemmend und mikrozirkulatorisch modulierend, hat weniger Nebenwirkungen, und erwies sich in klinischen Studien effektiver als Glycerintrinitrat und bezüglich Stuhlinkontinenz signifikant besser als die laterale Sphinkterotomie. Hierdurch heilen akute Fissuren oft, aber auch chronisch veränderte Fissuren überraschend häufig aus.
Operative Therapie
Laterale Sphinkterotomie
Bei der Behandlung von chronischen Analfissuren gibt es in der Literatur nach wie vor keinen Konsens über konservative (z.B. intramuskuläre Injektion von Botulinumtoxin A) oder chirurgische Vorgehensweisen als first-line Therapie. Oft wurden zu kurze Beobachtungszeiträume (12 Monate) oder unklare Einschlußkriterien hinsichtlich des Fissurstadiums ohne klare Definition (meist nur chronische Fissuren) gewählt. Bei der chirurgischen Therapie stehen einerseits die laterale Sphinkterotomie des IAS in der von Parks oder Notaras beschriebenen geschlossenen Technik oder die offene Technik“ zur Verfügung. Allenfalls wird bei 4 Uhr in SSL über eine zirkuläre Hautinzision der Intersphinktärspalt freipräpariert und anschließend der IAS bis knapp oberhalb der Linea dentata gespalten. Die eigentliche Analfissur mit ihren sekundären Veränderungen wie Vorpostenfalte und hypertrophe Analpapille bleiben dabei jedoch unbehandelt und Fisteln unerkannt.
Die vollständige Heilungsrate bei dieser Technik variiert und wird in manchen Studien mit 90% nach 3 Monaten, 95% nach 4 Jahren, aber auch mit eher unglaubwürdigen 100% nach nur 20 Monaten angegeben. Der Erfolg der lateralen Sphinkterotomie hängt von der Länge der Inzision, von der Anästhesieart, der chirurgischen Technik (offen oder geschlossen), Begleiterkrankungen und von etwaigen Voroperationen bzw. Geburtstraumen im anogenitalen Bereich ab
Rezidive nach lateraler Sphinkterotomie treten vorwiegend im ersten Jahr nach Operation in 5 bis 11 % der Fälle auf. Die Rate liegt damit deutlich unter der Rezidivhäufigkeit bei konservativen Behandlungen wie beispielsweise der topischen Anwendung von Glycerintrinitrat (27-63%) oder unter Botox® Therapie, wo nach Minguez et al. etwa 40% Rezidivfissuren beschrieben werden.
Mögliche Ursachen für Rezidive nach lateraler Sphinkterotomie und nach sämtlichen konservativen Maßnahmen sind das Zurücklassen sekundärer Läsionen (Vorpostenfalte, hypertrophe Analpapille) oder Fisteln. Das Wiederansteigen des Sphinkterruhedruckes, vor allem nach der „chemischen Sphinkterotomie“ mittels Botulinum Toxin, könnte auch ein Rezidiv erklären.
Eine nicht unwesentliche Nebenwirkung bei allen Behandlungsmethoden aber vor allem bei der Sphinkterotomie ist die vorübergehende oder permanente Stuhlinkontinenz. Unmittelbar nach „chemischer“ und „mechanischer“ Sphinkterotomie wird der Sphinkterruhedruck signifikant reduziert. Dadurch wird die Durchblutung verbessert und eine Heilung der Analfissur ermöglicht. Für die laterale Sphinkterotomie wird eine vorübergehende Inkontinenz von über 30% der Patienten beschrieben, abhängig von Voroperationen und vorbestehenden Geburtstraumen im anogenitalen Bereich.
Die laterale Sphinkterotomie wird vor allem im angloamerikanischen Raum bei der Behandlung der therapierefraktären, chronischen Analfissur mit hohem Evidenzlevel angewendet.
Als weitere chirurgische Therapie der chronischen Analfissur steht die Fissurektomie nach Gabriel, das Ausschneiden der narbig-bindegewebigen Fissurränder mitsamt der Vorpostenfalte und der hypertrophen Analpapille zur Verfügung. Durch Unterspritzen der Fissurränder mit Lokalanästhetikum wird der darunterliegende IAS geschont (Abb. 3). Diese Methode findet im deutschsprachigen Raum und nicht zuletzt in unserem Zentrum in Innsbruck bevorzugte Anwendung. Unterlagernde Fisteln werden dabei saniert.
Differentialdiagnose
- Analrhagaden Kryptitis Mb. Crohn
- Ulzera durch Ergotaminsuppositorien bei Querschnittslähmung
- Ulcus molle
- Herpes Simplex
- Herpes zoster
- Im Rahmen von AIDS
- Lichen sclerosus et atrophicus
- Plattenepithelkarzinom
- Basaliom
- Anale intraepitheliale Neoplasien (AIN III0)
- Psoriasis
Therapiekonzept
Primäre Therapie der akuten Analfissur
- Morgens Kamillosan oder Prevalöl-Sitzbad 10 Minuten
- 0,4% Nifedipin-Gel perianal auftragen, 10 Minuten einwirken lassen
- Einführen des Analkegels in Seitenlage mit Xylocain 2% Gleitgel für 10 Minuten
- Vitawund®-Salbe auf Fissur auftragen
Punkt 1.-4. abends wiederholen für insgesamt 4 Wochen, danach ambulante Kontrolle.
Guten Tag Dr. Bull. Seit der Geburt meines Kindes vor einem Jahr wurde alles versucht eine Fissur aufgrund Afterverengung zu heilen. Creme, Analdehner, Ernährung, Operation nach Chronifizierung, Abzess Operation, erneute Fissur Bildung. Der Ruhedruck ist seit eh und je krankhaft erhöht und ich habe Bleistift Stuhl. Meine Lebensqualität ist nicht mehr vorhanden. Es stünde eine Laterale Sphinkterotomie im Raum.
Führen Sie eine Laterale Sphinkterotomie auch auf Wunsch des Patienten in Spinalanästhesie durch ?
Nein, aber in Lokalanästhesie mit Propofol-Sedierung
Hallo guten Tag Herr. Dr.Bull, haben Sie vl einen Tipp bezüglich eines starken Schmerzmittels bei einer Analfissur? MFG
Nifedipinsalbe mit Xylocaingel
Führen Sie eine Laser Op für Fissuren auch durch?
Sowohl die Fissurektomie wie die laterale Sphinkterotomie, LIS wird mit 980 nm Laser durchgeführt
Guten Tag Herr Dr.,
vielen Dank für die hilfreichen Information. Ich männlich 34Jahre leide bereits mehrere Jahre unter einer Analfissur und phasenweisen Entzündungen im Enddarm. Seit 2019 hat sich ein Problem mit der Feinkontinenz eingestellt, dass heißt es läuft etwas Stuhl 1-2 std nach dem Toilettengang nach. Die Fissur/ Vorpolsterfalten wurden mit einer Rektomie entfernt (Juni 2019) und ist nach mehreren Anläufen verheilt und hat sich dann aber wieder manifestiert. Mein Feinkontinenz Problem besteht weiterhin. Unter Mesalazin Zäpfchen 3x täglich hatte sich die Problematik kürzlich mit Blut am Papier, Schmerzen sowie aucj das Feinkontinenz Problem nach der ersten Woche fast komplett eingestellt, die Symptome sind dann aber nach 4 Wochen Therapie wieder zurückgekommen. Darmspiegelung war unauffällig, Hämorrhoiden 1 Grades laut Proktologe aber nicht schlimm. Es wird eine unspezifische Colitis vermutet – jedoch kein klarer Befund. Durch geänderte Ernährungsweise besteht auch kein Problem mehr mit dem Stuhlgang. Biofeedback Training habe ich auch schon erfolgreich angewandt, nächste Woche starte ich mit Osteopatie für den Beckenboden. Was wären aus ihrer Sicht die nächsten Schritte? Ich vermute noch, dass Herpes oder eine bakterielle Infektion die Heilung verhindern könnte? Vielen Dank für Ihre Hilfe.
a) Darmprobiotika (z.B. Bioflair, Omniflora usw)
b) Flosamenschallenpulver oder Weizenkleie 2-3 EL. mit Joghurt täglich
c) Für einen weichen Stuhl sorgen, Glyzerin-Zäpfchen bei hartem Stuhl
d) Kein Papier, sondern abduschen
e) Bewegung nach Klogang um venösen Rückfluss zu fördern (Gang WC-Computer schlecht)
f) Ernährung auf Unverträglichkeit prüfen
g) eventuell Gummibandligatur falls keine wesentliche Besserung
Guten Tag, ich leide seit Jahren unter ständig wiederkehrenden Analfissuren. Aufgrund dessen nehme ich Magrocol, ebenfalls seit Jahren. Vor 1 1/2 Jahren wurden die Fisuren operiert und mit Botox unterspritzt. Meine Fisuren sind atypisch und meine Analschleimhaut reisst aussergewöhnlich schnell. Mein Stuhl ist immer sehr weich. Daran darf es eigentlich nicht liegen. Nach der OP hatte ich wochenlang Schmerzen, vor allem Analkrämpfe. Diese dauerten Stunden, kein Schmerzmittel halfen.
Nun habe ich wieder sehr oft Fisuren und weiss nicht mehr was ich noch machen soll. Stuhlregulation, viel Flüssigkeit, cremen mit Nefidipin – all das mache ich und beherrsche die Selbstbehandlung perfekt. Nun soll ich selber mit einem Analdehner dehnen, aber ich traue mich nicht. Zu gross ist meine Angst vor neuen oder weiteren Einrissen. Ich bin wirklich sehr verzeifelt.
Weiche Stühle sind prinzipiell schlecht und verhindern einen koordinierten Entleerungsvorgang. Ballastreiche Ernährung (z.B. Kleie oder Flohsamenhülsenpulver 4 EL mit Joghurt) und Beckenbodentraining gehören in der Tagesordnung. Ich wurde eine Defäkografie (Entleerungs-Röntgen) noch empfehlen.
Ich leide unter Analfrissur mit schmerzen, juckreiz, Stuhlgang problem und manchmal blutung.ich hab viele sache ausproviert aber es wird nicht geheilt.
Vlt brauche eine OP aber bevor ich eine Protologie machen lassen möchte
Bevor irgend eine Therapieempfehlung abgegeben wird sollte eine Untersuchung mittels Enddarmspiegelung durchgeführt werden