PTS- Postthrombotisches Syndrom

Definition

Als postthrombotisches Syndrom bezeichnet man eine Reihe von Symptomen, die nach einer Thrombose (Venenverschluss) der tiefen Bein- und Beckenvenen bestehen bleiben oder sich im Laufe der Zeit entwickeln.

Ursachen

Die Entstehung ist gekennzeichnet durch die Folgen des dynamisch venösen Hochdrucks, bedingt durch Abflußbehinderungen im Bereich der thrombotisch geschädigten Venenabschnitte und – oder Insuffizienz des Klappenapparates. Das Krankheitsbild ist vielgestaltig und reicht von der diskreten Schwellungsneigung bis zu schwersten trophischen Störungen mit arthrogenem Stauungssyndrom und – unter Umständen zirkulären – Ulzerationen am Unterschenkel. Daraus ergeben sich dann häufig einschneidende berufliche und soziale Probleme. Es wird geschätzt, daß ca. 5% der Bevölkerung an einem postthrombotischen Syndrom leiden.

Risikofaktoren

Das größte Risiko ein postthrombotisches Syndrom zu erleiden, haben Patienten mit Venenthrombosen. Im übrigen gelten für das postthrombotische Syndrom letztlich die selben Risikofaktoren wie für die Thrombose. Hervorzuheben sind hier jedoch übergewicht (Adipositas) sowie das Voliegen von Venenerkrankungen, wie Venenentzündungen oder Krampfadern (Varizen).

Symptome

Die Krankheitsbilder des postthrombotischen Syndroms entsprechen denen des chronisch-venösen Stauungssyndroms, für das eine Einteilung in 4 Stadien
vorgeschlagen wurde (Hach 1994).

  • Stadium I    Schwellungsneigung ohne Gewebssklerose
  • Stadium II mit Verhärtungen der Haut und des Subkutangewebes (Dermatoliposklerose)
  • Stadium III sklerotische Gewebsveränderungen der Haut, des Subkutangewebes und umschriebener Areale der Faszie (Dermatolipofasziosklerosis regionalis)
  • Stadium IV sklerotische Veränderungen der Haut, des Subkutangewebes und der Faszie zirkulär am Unterschenkel mit ausgedehnten, manchmal zirkulären Ulzerationen

Bei der klinischen Untersuchung muß neben der Abklärung der arteriellen Durchblutung besondere Aufmerksamkeit auf ein ödem (vergleichende Umfangsmessung) und typische Hautveränderungen (Pigmentierungen, Corona phlebectatica, Atrophie, Induration des Subkutangewebes, Atrophie blanche, Ulzerationen) geachtet werden. Variköse Veränderungen können im Sinne der sekundären Varikose ebenfalls beim postthrombotischen Syndrom von Bedeutung sein. Wichtig ist auch die überprüfung der Gelenkfunktionen, besonders des oberen Sprunggelenkes, um ein arthrogenes Stauungssyndrom auszuschließen.

Diagnose

Die Diagnose des postthrombotischen Syndroms ergibt sich meist aus der anamnestischen Angabe der vorausgegangenen Thrombose. Persistierende Schwellungsneigung nach einer Verletzung oder Operation ist ebenfalls ein Hinweis. Der Schweregrad eines postthrombotischen Syndroms läßt sich nur aufgrund morphologischer und funktioneller Untersuchungen beurteilen.

Dopplersonographische Untersuchungen geben Aufschluß über die Flußphänomene im Venensystem.

Die Lichtreflexionsrheographie und Venenverschlußplethysmographie geben globale Hinweise auf funktionelle Störungen des Venensystems. Sie sind vor allem für Verlaufsbeobachtungen geeignet.

Die Phlebodynamometrie gibt die Druckverhältnisse im Venensystem in Ruhe und unter Belastung wieder. Sie ist wegen der Invasivität speziellen Fragestellungen vorbehalten.

Duplexsonographische Untersuchungen vor allem auch farbcodiert – eignen sich zur Darstellung von Refluxphänomenen in den tiefen Venen, sowie zur Beurteilung der Morphologie der Venenwand und der Venenklappen.

Phlebographie evt. kombiniert mit der digitalen Subtraktionsphlebographie

erforderlich zur umfassenden Beurteilung der Morphologie der Beckenvenen und der V. cava. Eine phlebographische Darstellung der Morphologie sollte zumindest einmal nach abgelaufener Thrombose durchgeführt werden.Der günstigste Zeitpunkt hierfür ist ½ bis 1 Jahr nach abgelaufener Thrombose, da in diesem Zeitraum Rekanalisation und Kollateralisation ihr endgültiges Ausmaß erreicht haben. Phlebographische Kontrolluntersuchungen bei gleichbleibender Klinik sind nicht sinnvoll. Hier genügen funktionelle Untersuchungen. Bei akutem Wandel der klinischen Symptomatik mit Verdacht auf Re-Thrombose ist eine erneute Phlebographie indiziert, da hier die Aussagekraft, vor allem im Vergleich mit früheren Röntgenbilder, deutlich größer ist als bei nicht-invasiven Verfahren.

Weiterführende Untersuchungen: Bei dem breiten Spektrum der Krankheitsbilder des postthrombotischen Syndroms sind in Einzelfällen weitere Untersuchungen erforderlich.

Ein Thrombophilie-Screening mit Bestimmung der Plasmaaktivitäten von AT III Potein S und Protein C ist schon anläßlich der ersten Thrombose indiziert bei allen jungen Patienten mit offensichtlichen Risikofaktoren sowie auch bei älteren Patienten mit familiärer Belastung. Bei klinischem Verdacht auf ein paraneoplastisches Syndrom ist eine Tumordiagnostik anzuschließen.

In Einzelfällen sind Computertomographie und NMR-Untersuchungen erforderlich, um das Ausmaß degenerativer Gewebsveränderungen in tiefen Schichten vor der Therapie zu beurteilen. Auch transkutane Sauerstoffdruckmessungen können zur Beurteilung des Therapieerfolges herangezogen werden.

Komplikationen
Ulcus cruris
Infektionen
An den Gliedmaßen kann es im Extremfall zum Verlust der Gliedmaße kommen oder aber es treten bleibende Funktionseinschränkung auf, dies vorallem wann mit einer arteriellen Durchblututngsstörung kombiniert.

Therapie
Die Kompressionstherapie ist die Basisbehandlung jeder chronisch-venösen Stauung. Sie führt zur Reduktion des ödems, zum Anstieg der Strömungsgeschwindigkeit und
Verbesserung der venösen Pumpfunktionen.

Kompressionsverbände

mit wenig elastischen Kurzzugbinden weisen einen geringen Ruhedruck und einen hohen Arbeitsdruck auf und sind besonders zur Entstauungsbehandlung geeignet. In der Erhaltungsphase kann die Dauerkompression komfortabler mit Kompressionsstrümpfen gewährleistet werden, die je nach Schweregrad der chronisch-venösen Stauung in der Kompressionsklasse II oder III indiziert sind. Wegen Materialermüdung und Verschleiß sind Neuverordnungen der Strümpfe in maximal halbjährlichem Abstand erforderlich.

Eine medikamentöse Therapie mit Venenmitteln (ödemprotektiva und venentonisierende Pharmaka) ist umstritten. Sie ist allenfalls als adjuvante Behandlung indiziert. Diuretika
sind nur kurzfristig im Rahmen einer Entstauungsbehandlung einzusetzen.

Weitere physikalische Maßnahmen bestehen in Venengymnastik, Bewegungstherapie (Schwimmen), Kaltwasseranwendungen, intermittierender überdruckbehandlung und gegebenenfalls Lymphdrainage. Von Bedeutung sind entsprechende Verhaltensweisen der Patienten mit Vermeiden von längerem Stehen, Hochlagerung der Beine, Bewegungstherapie, Vermeiden einengender Kleidungsstücke, Vermeiden von
überwärmung und ähnlichem. Alle Maßnahmen der konservativen Therapie können grundsätzlich ambulant durchgeführt werden. Für systematische Anwendungen und vor allem Rekompensation bisher unzureichender Therapien sind aber auch stationäre Rehabilitationsmaßnahmen angezeigt.

Die chirurgischen Therapiemaßnahmen erstrecken sich auf die Verbesserungen der Makrozirkulation und der Mikrozirkulation. Bei gleichzeitig bestehender Stammvarikosis
kann auch beim postthrombotischen Syndrom zur Verbesserung der venösen hämodynamik eine Varizenoperation durchgeführt werden, wenn sichergestellt ist, daß die Stammvene einem notwendigen Kollateralkreislauf angehört.

Insuffiziente Perforansvenen – vor allem im Bereich der Cockettschen Gruppe – spielen eine bedeutende Rolle bei der Pathogenese der Hautveränderungen des chronisch-venösen Stauungssyndroms. Bei noch weitgehend intakten Hautverhältnissen können insuffiziente Perforansvenen durch selektive subfasziale Ligatur ausgeschaltet werden (Stadium I).

Bei fortgeschrittenen Gewebssklerosierungen (Stadium II) sind Inzisionen in diesem Bereich durch eine hohe Quote von Wundheilungsstörungen belastet. Es kommen in diesen Fällen indirekte Verfahren wie die nichtselektive subfasziale Perforansdissektion oder die endoskopische Perforansdissektion in Frage. Bei fortgeschrittener Dermatolipofasziosklerose (Stadium III) kann mit gleicher Technik eine zusätzliche paratibiale Fasziotomie durchgeführt werden. Sie dient in erster Linie der Verbesserung der Mikrozirkulation mit besserer Heilungstendenz von Ulzerationen. In gewebearmen Bezirken können zusätzliche Muskeltranspositionsplastiken hilfreich sein.

Bei den schwersten Formen des chronisch-venösen Stauungssyndroms (Stadium IV) mit manchmal über Jahrzehnte therapieresistenten – oft zirkulären – Ulzerationen ist eine krurale Fasziektomie als Alternative zur Amputation möglich.

Zur Verbesserung der venösen Hämodynamik können kommen nur in besonders gelagerten Fällen und mit strenger Selektion folgende rekonstruktive Operationsmethoden zur Anwendung:

  • freie Gefäßtransplantationen im Bereich der Beckenvenen
  • Umleitungsoperation nach Palma (ggf. in Modifikation)
  • freie Transplantation von klappentragenden Venensegmenten.

Moderne tranccutane Therapieverfahren stellen die PTA ggf. mit Stentimplantation im Bereich der großkalibrigen tiefen Leitvenen dar.Ihre Anwendung ist ebenfalls besonderen
Indikationen vorbehalten. Langzeitergebnisse über dieses Therapieverfahren im Bereich der großkalibrigen Venen liegen bislang nicht vor.

Prophylaxe

  • Verwendung gerinnungshemmender Medikamente (Heparin s.c.)
  • orale Antikoagulanzien (Marcumar)
  • Anwendung von Stützstrümpfen vor Operationen oder nach Entbindungen
  • allgemein Vermeidung von Risikofaktoren
  • ausreichende Flüssigkeitszunahme bei längeren Flügen oder Autofahrten möglichst einmal in der Stunde aufstehen und umher gehen.

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