Speiserohrkrebs

Definition

Das Oesophaguskarzinom wird nach anatomischer Unterbezirke eingeteilt:

 

  • zervikal 5-10%
  • intrathorakal
  • suprabifurkal 45-55%
  • infrabifurkal 40-50%

In Europa verantwortlich für 3,3% aller Krebstoten bei Männern und 1,4% bei Frauen. Meist Plattenepithelkarzinome (60%). Gehäüft bei Alkoholikern, Nikotinabusus sowie im
Spätverlauf nach Verätzung. Für das Adenokarzinom (40%, in die USA 60%) wird der gastro-oesophagealer Reflux   mit konsekutiver Epithelmetaplasie (Barrett-Oesophagus  ) als wesentlicher Risikofaktor gesehen, Alkoholusus in dieser Gruppe ist ohne Bedeutung.

Die Therapie des Oesophaguskarzinoms sollte grundsätzlich auf der Basis einer histologischen Untersuchung geplant werden. Neben der prätherapeutischen Sicherung der Karzinomdiagnose ist eine Tumorklassifikation nach den Richtlinien der WHO anzustreben. Für das therapeutische Vorgehen bedeutsam ist die Klassifikation der Oesophaguskarzinome:
in suprabifurkale (einschließlich an der Bifurkation gelegene) und infrabifurkale
Tumoren (ohne Bezug zum Tracheobronchialsystem)
in auf die Oesophaguswand beschränkte (T1/T2) und lokal fortgeschrittene (T3/T4)
Karzinome.

Prognose
Die 5-jahres-überlebensrate beträgt im:
Stadium I     – 50-90%
Stadium IIA – 25-50%
Stadium IIB – 10-25%
Stadium III   – 5-15%
Stadium IV   – 6 Monate

Risikopatienten
Familäre Disposition
Alkoholabusus
Nikotinabusus
Barrett-Oesophagus
Verätzung

Symptome
Die klinischen Symptome sind außer für Schluckstörungen unspezifisch und umfassen:
Dysphagie (~50%)
Husten (~30%)
früh Gewichtsverlust (~30% )
Anorexie (~20%)
Heiserkeit (~20%)
Appetitlosigkeit, Aversion gegen Fleisch
Arrosionsblutung

Diagnostik
Notwendige Untersuchungen:
1. Anamnese und klinische Untersuchung
2. Labor: BB, Gerinnung, E-Lyte, Leber-Nieren-Werte, Blutgase, CHE, Gesamteiweiß
(Tumormarker: SCC bei Plattenepithel-CA bzw CA 19-9 bei Adeno-CA nur in 10%
erhöht)
3. Oesophagus- und Magen-Darm-Passage (bei zervikalem Karzinom
mit wasserlöslichem Kontrastmittel)
4. Oesophago-Gastroskopie   mit Biopsie des Tumors.
5. Sonografie  Abdomen (Leber, Niere, Ascites)
6. Röntgen-Thorax in 2 Ebenen
7. Spiral-Computertomographie Thorax
8. Spiral-Computertomographie Abdomen

Im Einzelfall nützliche Untersuchungen:
1. Endosonographie (wenn Unterscheidung zwischen T1, 2 und T3, 4 unklar)
2. HNO-ärztliche Untersuchung bei zervikalem Tumor und Verdacht auf Recurrensparese
3. Bronchoskopie (bei suprabifurkalem Tumor)
4. Laparoskopie (bei infrabifurkalem Adenokarzinom)
5. Sonographie/Computertomographie des Halses (bei suprabifurkalem Tumor)

Operations- Indikation
Entscheidend für die Indikation zur Operation sind die Beurteilung des Risikos des
geplanten Eingriffs und die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer vollständigen
Tumorentfernung (R0-Resektion). Nur die R0-Resektion (radikale Tumorentfernung
mit regionalem Lymphabflußgebiet) beinhaltet im Vergleich zu Palliativmaßnahmen
eine Prognoseverbesserung.

Chirurgisches Risiko erhöht bei:
1. Alter über 75
2. übergewicht
3. Raucher
4. Alkoholabusus
5. Chronische Lungenerkrankung

Das Risiko der operativen Therapie bei Patienten mit Oesophaguskarzinom ist in
hohem Maße von der Erfahrung des Operateurs und der Institution abhängig, was
die Behandlung dieser Patienten in Zentren mit spezieller Erfahrung nahelegt.

Operatives Verfahren
Standardoperationsverfahren:

Suprabifurkales Oesophaguskarzinom
Bei T1/T2 Tumoren ist die subtotale Oesophagusresektion mit abdominaler und
mediastinaler (vermutlich auch zervikaler) Lymphadenektomie (3 Feld Dissektion)
indiziert. Fortgeschrittene Tumoren (T3/T4) sind in Anbetracht ihres Bezugs zum
Tracheobronchialsystem häufig lokoregional inoperabel. Sie sollten unter
Studienbedingungen einer neoadjuvanten Strahlen-/Chemotherapie mit dem Ziel
zugeführt werden, ein sog. Down-Staging zu erreichen und sekundär die operative
Therapie zu ermöglichen. Bei diesem Konzept ist mit einer Erhöhung des operativen
Risikos zu rechnen.

Infrabifurkales Oesophaguskarzinom
Bei T1/T2 Tumoren ist die subtotale Oesophagusresektion mit abdominaler und
mediastinaler Lymphadenektomie (2-Feld-Dissektion) indiziert. Auch im
fortgeschrittenen Tumorstadium kann dieses Vorgehen erfolgen, allerdings ist bei
T4-Tumoren mit einem erhöhten Operationsrisiko und ungünstiger Langzeitprognose
zu rechnen. Neoadjuvante Therapiemodalitäten sind derzeit in der Erprobung.

Zervikales Oesophaguskarzinom
Bezüglich des therapeutischen Vorgehens besteht kein Konsens.
Studien sind wünschenswert.

Operative Technik
Thorakale Plattenepithelkarziome werden durch En-bloc-Resektion des intrathorakalen
Oesophagus mit dem umgebenden Fett- und Bindegewebe einschließlich des Ductus
thoracicus, ggfs. der Vena azygos und adhärenter Strukturen entfernt, am besten nach
rechtsseitiger Thorakotomie. Die Speiseröhre wird kranial situationsabhängig entweder
in Höhe der Thoraxkuppe oder nach Freilegung am Hals reseziert. Die mediastinale
und abdominelle Lymphadenektomie ist ein fester Bestandteil der Operation.
Die abdominelle Lymphadenektomie umfaßt die proximale Resektion der kleinen
Kurvatur des Magens und die Entfernung der zöliakalen und suprapankreatischen
Lymphknoten (entsprechend Kompartment 2 bei Magenkarzinom).

Die transmediastinale (stumpfe) Dissektion der Speiseröhre erfüllt nicht die Ansprüche
an einen adäquaten chirurgisch-onkologischen Eingriff, kann jedoch im Einzelfall unter
besonderen Bedingungen indiziert sein (z.B. schwere Dysplasie, Verdacht auf
Mukosakarzinom, hohes Risiko bei transthorakalem Vorgehen u.a.).

Distale Adenokarzinome (Barrett-Karzinom) können sowohl transthorakal als auch
durch die radikale transhiatale sogenannte 2-Feld Oesophagektomie mit ausreichender
Radikalität behandelt werden. Die Lymphadenektomie im unteren hinteren Mediastinum
ist notwendig und kann transhiatal erfolgen. Die abdominelle Lymphadenektomie
entspricht dem Vorgehen bei intrathorakalem Plattenepithelkarziom.

Höher gelegene Adenokarzinome werden wie Plattenepithelkarzinome operiert.
Als Oesophagusersatz dient der zu einem Schlauchmagen umgeformte Magen oder,
sofern dieser nicht geeignet ist, ein Kolonabschnitt. Eine Pyloroplastik ist nicht regelhaft
indiziert.

Für minimal-invasive, thorakoskopische oder laparoskopische Operationsmethoden
gibt es derzeit keinen gesicherten Platz bei der operativen Therapie mit kurativem Ziel.

Palliativmaßnahmen
Zur Beseitigung der Schluckbeschwerden bei Patienten mit nicht resektablem
Oesophaguskarzionom steht eine Reihe endoskopischer, interventioneller,
chirurgischer und radiotherapeutischer Maßnahmen zur Verfügung,
die situationsabhängig zur Anwendung kommen. Die intraluminale Bestrahlung in
Afterloadingtechnik ist eine wenig belastende Therapie mit meist rascher Besserung
bestehender Schluckbeschwerden. Bei starken thorakalen Schmerzen und/oder
Kompression des Oesophaguslumens kann die kleinvolumige perkutane
Radiotherapie mit 36 – 45 Gy als Palliativmaßnahme eingesetzt werden.
Bei Patienten mit Fernmetastasen eines Plattenepithelkarzinoms kann durch eine
Cisplatin-5-Fluorouracil-Kombinationstherapie ein palliativer Effekt erzielt werden
(Remissionsraten 30 bis 40 %). Bei Patienten mit Fernmetastasen eines
Adenokarzinoms ist die Meinung über die geeignete Tumortherapie noch kontrovers.

Anästhesie
Allgemeinnarkose

Nachbehandlung eines Routinefalles
1. p.o. Tag abends: Magensonde ex nach Dichtigkeitstest (Gastrografin, Methylenblau)
3. p.o. Tag: Kostaufbau
5. p.o. Tag: Entfernung der links paracolisch eingelegten Robinsondrainage
bis dahin: parenterale Ernährung erforderlich
grundsätzlich: perioperative Antibiotikaprophylaxe mit Breitbandantibiotikum und
Metronidazol. Lovenox 40mg bis voller Mobilisierung. Hepavit 5000 im perioperativ
und anschließend monatlich

Mögliche Komplikationen
1. ARDS
2. Pneumonie
3. Perineale Wunddehiszenz
4. Wundheilungsstörungn
5. Thromboembolische Komplikationen

auer des Spitalsaufenthalt
7bis 10 Tage je nach Verlauf

Adjuvante Therapie
Die postoperative Strahlentherapie nach R0-Resektion von Plattenepithelkarzinomen vermindert die lokoregionäre Rezidivrate, ohne die überlebensrate zu verbessern. Zur postoperativen adjuvanten Radiochemotherapie liegen keine Daten vor, die ihren Einsatz außerhalb von Studien rechtfertigen. Liegt aufgrund der histologischen Beurteilung eine R0-Resektion vor, ist somit in der Regel keine weitere onkologische Therapie indiziert. Nach R1-Resektion suprabifurkaler Plattenepithelkarzinome kann durch Radiotherapie versucht werden, eine lokoregionäre Tumorprogression mit Einbeziehung des Tracheobronchialsystems zu vermeiden, allerdings besteht die Gefahr einer oesophagotrachealen Fistel. Es ist eine Gesamtreferenzdosis im ehemaligen Tumorbereich von 54 bis maximal 60 Gy bei Einzeldosen von 1,8 Gy täglich zu empfehlen. Ein retrosternal hochgezogener Magen ist primär keine Kontraindikation für die postoperative Radiotherapie.

Nachsorge
Die Nachsorge sollte daher symptomorientiert erfolgen und Aspekte der Lebensführung einbeziehen. Ein strukturierte Tumornachsorge ist nur in Therapiestudien angezeigt.

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