PAVK-Therapie

Therapie bei Gefäßverschluss

Im asymptomatischen Stadium I nach Fontaine ist jede invasive Behandlung abzulehnen. Auch im Stadium II sollte zunächst ein konservativer Behandlungversuch durchgeführt werden, während im Stadium III und IV eine absolute Indikation zu lumeneröffnenden Maßnahmen bestehen. Wichtig für die ambulante Behandlung der chronischen AVK sind die kardio-pulmonalen Therapie, die Beeinflussung der Risikofaktoren und das Gehtraining.

Die konservative Therapie

Die konservative Therapie besteht am erfolgversprechendsten in einer Infusionstherapie mit Prostaglandin E1. Sie kann intravenös (2 x 2 Amp. tgl.) oder lokal (2 x 1/2 Amp. tägl.) erfolgen. Die Kombination mit Pentoxyphyllin (Trental) scheint die Wirksamkeit der Therapie noch zu steigern. Die ärztliche überwachung der intravenösen Infusionstherapie ist erforderlich, da es infolge der resultierenden generellen Vasodilatation zu einem Anstieg des Herz-Zeit-Volumens kommt, was zur Verstärkung einer latenten Herzinsuffizienz führen kann (Cave = Lungenödem). Bei einem vorliegenden Ausgangsstadium III und IV nach Fontaine besteht eine „absolute“ Indikation zur unmittelbaren Therapie, vor deren Beginn allgemeine Risiken sorgfältig einzuschätzen sind. Dies ist auch ökonomisch vertretbar, da ein auch mit aufwendigen Mitteln erzielter Extremitätenerhalt bei mehrjähriger Lebenserwartung kostengünstiger als eine primäre Amputation ist. Nur bei multiplen Unterschenkelarterien-verschlüssen ohne anastomosierungsfähige Gefäßsegmente oder bei unsicherer Prognose einer Rekonstruktion wegen schlechter Abstromverhältnisse darf die Therapie zunächst konservativ sein. Folgende interventionelle oder operative Techniken stehen zur Verfügung:

Transluminale Angioplastie (PTA)

Diese Technik ist bei hämodynamisch relevanten Gefäßstenosen und kurzstreckigen Verschlüssen heute als Methode     der ersten Wahl anzusehen.Eine Ausweitung dieser Technik auf längerstreckige Verschlüsse (> 10cm) und der Einsatz von Hitze, Laser oder aus Ausschneiden des Stenosezylinders (Atherektomie) hat nicht zu überzeugenden Ergebnissen geführt. Günstige     Resultate werden bei thrombotischem Verschluß einer stenosierenden Veränderung durch die adjuvante lokale Lyse erzielt. Bei unzureichender öffnung des Gefäßlumens durch eine transluminale Angioplastie führt die Stentimplantation am Oberschenkel     bis heute nicht zu überzeugenden Resultaten.

Thrombendarteriektomie (TEA)

Diese Technik kann für segmentale oder längerstreckige Gefäßverschlüsse zum Einsatz kommen Die Ausschälbarkeit des  lntimazylinders und die Länge der krankhaften Veränderung sind für die Prognose von entscheidender Bedeutung. Insgesamt  sind die Ergebnisse nach der Thrombendarteriektomie jedoch deutlich schlechter als die Ergebnisse nach Bypassverfahren.    Dennoch darf diese Methode bei entsprechender Indikation weiterhin als Verfahren der ersten Wahl zum Einsatz kommen,   vor allem unter Berücksichtigung der Progression der Grundkrankheit und der Notwendigkeit neuerlicher gefäßchirurgischer  Maßnahmen.

Bypassverfahren

Hierfür steht autogenes Material (körpereigene Vene), allogenes Material (Nabelschnurvene) xenogenes Material (bovine  und ovine-Prothesen) sowie alloplastisches Material (PTFE, gestricktes und gewebtes Polyäthylen mit oder ohne Kollagen bzw.  Gelatinebeschichtung) zur Verfügung. Da bei den Spätergebnissen der autogenen Venenbypass deutliche Vorteile aufweist,  ist ihm der Vorzug vor Fremdmaterialien zu geben. Dies gilt für die Arteria femoralis superficialis jedoch nur in eingeschränktem  Umfang,da zumindest für die Frühergebnisse mit xenogenem und alloplastischem Material ähnlich gute Resultate erzielt werden.  Der autologe Venenbypass kann durch Umkehr des Transplantates (reversed bypass) oder durch Klappenzerstörung und  Unterbindung der einmündenden Venen in orthotoper Richtung in situ oder in orthotoper Richtung ex situ implantiert werden.  Am Oberschenkel spielen diese Rekonstruktionstechniken jedoch nur in Ausnahmefällen eine Rolle.

Profundaplastik

Bei Einengung der A. profunda femoris und guter Kollateralisierung über den Profundakreislauf im Bereich des ersten Poplitea-Segments kann als Rekonstruktions-verfahren die Profundaplastik angestrebt werden. Nach zahlreichen  Untersuchungen zeigt diese Technik hinsichtlich der Beschwerdefreiheit keine so günstigen Resultate wie die Wiederherstellung  der physiologischen Durchblutung. Die Langzeitergebnisse sind aber deutlich besser als die der anatomischen  Rekonstruktionsverfahren. Die Erweiterung der Profunda kann durch körpereigene Vene, durch Kunststoff oder durch Teile einer endarteriektomierten Arteria femoralis superficialis im Sinne einer Patchplastik erfolgen. Stets muß bis zu einem durchgängigen  Gefäßsegment präpariert und rekonstruiert werden. Interventionelle Techniken können ambulant zum Einsatz kommen,   die operative Korrektur gehört stets in stationäre Behandlung. Die Notwendigkeit einer adjuvanten Heparinisierung ist für  Interventionen und Operationen obligat.

Adjuvante Sympathektomie

Bei zusätzlich bestehenden peripheren Arterienverschlüssen, eingeschränkter Ausstrombahn und einer Profundaplastik kann die Sympathektomie (Durchtrennung des Nervenstrangs damit eine Weitstellung der kleinsten Arterien erreicht werden kann)  die periphere Zirkulation erheblich verbessern. Dieser Eingriff kann heute interventionell (CT-gesteuerte Sympathikusblockade)  oder endoskopisch durchgeführt werden. Die operative lumbale Sympathektomie ist nur bei gleichzeitiger Freilegung von Arterien  im Beckenbereich angezeigt.

Gehtraining

Die krankengymnastische Behandlung dient im Stadium II und nach PTA (Ballondehnung) der Unterstützung der Kompensationsmechanismen des arteriellen Verschlusses. Das setzt beim Behandler Kenntnisse der hämodynamischen und metabolischen Prozesse voraus, die sich bei der Beanspruchung ischämischer Muskelgruppen ereignen

Nachsorge

Eine bereits intraoperativ eingeleitete Heparinisierung sollte postoperativ für einige Tage fortgesetzt werden und bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung ist eine low-dose- Heparinisierung sinnvoll. Für den Oberschenkel Bereich gibt es keine Untersuchungen, die die Wirksamkeit einer Antikoagulation für bessere Langzeitresultate belegen. Für die Endarteriektomie ist die Gabe eines Thrombozytenaggregations-hemmers in niedriger Dosierung in Analogie zu anderen Gefäßabschnitten (Carotis, koronare Gefäße) sinnvoll, auch wenn es hierüber keine gesicherten Studienergebnisse gibt. Eine Kontrolluntersuchung mit Ermittlung der Dopplerindices und des Pulsstatus sowie Beschreibung eventueller Komplikationen (Wundheilungstörung,
postrekonstruktives Odem, Lymphfistel) schließt die Behandlung ab.

Ambulante Kontrollen sind zunächst in vierteljährlichen, dann in halbjährlichen Abständen, zumindest jährlich,anzuraten. Hierbei ist nicht nur das Rekonstruktionsergebnis zu beurteilen, sondern auch dem Spontanverlauf der Gegenseite Rechnung zu tragen. Neben klinischer Untersuchung hat eine Dopplerdruckmessung zu erfolgen. Für die Beurteilung der Anastomosen und der Fließgeschwindigkeit des Blutes hat sich die Duplexsonographie als beste Untersuchungsmethode etabliert. Bei progredienten Stenosen im Anastomosenbereich oder im Bypassverlauf ist eine Revisionsoperation angezeigt bevor es zum Totalverschluß der Gefäßrekonstruktion kommt. Die Angiographie ist als postoperatives Kontrollverfahren dann indiziert, wenn die Indikation für ein neuerliches gefäßchirurgisches Vorgehen geprüft werden soll.

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