Diagnose und Therapie des Leistenbruchs (Hernia inguinalis)

Definition

Eingeweidebruch mit sackartiger Ausstülpung des parietalen Bauchfelles.
Der Leistenbruch ist eine relativ häufige Erkrankung. Dabei drängen sich Eingeweide der Bauchhöhle in einem Bruchsack außerhalb der Leibeshöhle vor. Er ist mit 75 Prozent die häufigste Bruchform überhaupt und betrifft zu etwa 90 Prozent Männer. In etwa 70 Prozent der Fälle handelt es um eine so genannte indirekte Hernie, bei der eine angeborene Öffnung zwischen der Bauchhöhle und dem Leistenkanal besteht, und die zumeist junge Patienten betrifft. Oftmals verschließt sich diese Öffnung nach kurzer Zeit, so dass man eine gewisse Zeit abwarten sollte, ehe man über einen Eingriff nachdenkt.

Klassifikation

Der Begriff indirekt bezieht sich hierbei auf den Richtungsverlauf. Die Hernie verläuft auf einem Umweg, d. h. nicht auf direktem Wege, im Leistenkanal nach außen.

In den restlichen Fällen spricht man von einer so genannten direkten Hernie, die sich auf direktem Wege von der Bauchhöhle durch die Bauchdecke nach außen vorwölbt. Diese Verletzung trifft Menschen mittleren und höheren Alters und wird zumeist aufgrund einer Bauchdeckenschwäche verursacht. Die Behandlung des Leistenbruchs ist operativ. Als adäquate Behandlung stehen verschiedene operative Verfahren zur Auswahl. Ziel der Therapie ist es, den Bruchsack operativ anzutragen, die Eingeweideanteile zurück in die Bauchhöhle zu drängen und die Bauchdecke operativ zu stützen, d. h. die Hinterwand des Leistenkanals zu verstärken.

Indikationen für Chirurgie:

Notfallchirurgie InkarzerationStrangulierte Hernie. Unkomplizierter Leistenbruch Man muss bei der Indikationsstellung zwischen der dringlichen (Notfall-) Operation und der Elektiv-Operation unterscheiden. Jeder Leistenbruch ist letztlich eine Indikation für eine adäquate Operation, doch wenn Organteile bzw. Darmanteile in den Bruchsack vorrutschen und einklemmen, ist Eile geboten. Hier muss so schnell wie möglich eine Operation erfolgen, um ein Absterben der eingeklemmten Teile zu verhindern und weiteren Komplikationen vorzubeugen. Im Falle einer indirekten und unkomplizierten Hernie sollte man eher eine noch abwarten, ob sich die Öffnung evtl. von selbst wieder schließt. Falls dabei jedoch Eingeweideteile eingeklemmt sind, ist ebenfalls eine sofortige operative Versorgung vorzunehmen.
Kontraindikationen:
Inoperabilität des Patienten Schwerste Herz-Kreislauf-Störungen Schwerste GerinnungsstörungenDa es sich in vielen Fällen um eine dringliche Operation handelt, sind die Kontraindikationen eher als relativ anzusehen. Ist der Patient inoperabel, d. h. gesundheitlich nicht in der Lage für eine bevorstehende Operation, so muss noch einmal über die Dringlichkeit der Operation diskutiert werden.

Leidet der Patient aktuell unter schwersten Herz-Kreislauf- oder Gerinnungsstörungen, so ist sicherlich ebenfalls vorläufig von einer Operation abzuraten, solange dies nicht in einer lebensbedrohlichen Situation endet.

Vorbereitung und Aufklärung:

In der präoperativen Phase muss der Patient über die möglichen Risiken der Operation aufgeklärt werden. Eine Grunderkrankung der Schilddrüse ist auszuschließen. Die Operationsstelle muss vorher gründlich rasiert werden.

Chirurgisches Risiko

  • Alter über 75
  • Übergewicht
  • Raucher
  • Alkoholabusus
  • Chronische Lungenerkrankung

 

Durchführung der Therapie:

Es existieren verschiedene Operationsverfahren, die bei einem Leistenbruch angewandt werden. Das gemeinsame Ziel der Operationen ist die Abtragung des Bruchsacks und die Verstärkung der Bauchdecke und der Hinterwand des Leistenkanals.
Operatives Verfahren
1. Shouldice
2. Lichtenstein
3. TAPP

OP nach Lichtenstein: Dieses Verfahren ist die heutige Standardmethode. Oberhalb des Leistenbands wird ein querläufiger Hautschnitt angesetzt. Nach Erreichen der Muskelfaszie des Musculus externus (äußerster Bauchmuskel) wird diese vom äußeren Leistenring aus in Faserrichtung aufgetrennt. Der Operateur bahnt sich einen Zugang zu dem inneren Leistenring und stellt diesen samt Bruchsack dar. Nach Eröffnung des Bruchsacks und Freilegung des Inhalts, werden die Eingeweide wieder in die Bauchhöhle reponiert. Der Bruchsack wird entweder zurückgestülpt oder abgetragen, und es erfolgt ein Nahtverschluss. Vor allem in den USA findet diese Methode ihre Anwendung. Hierbei wird zur Verstärkung der Hinterwand des Leistenkanals ebenfalls ein Kunststoffnetz implantiert. Im Gegensatz zu der TIPP wird dieses Netz aber unter den äußersten Bauchmuskel (Musculus externus abdominis) gespannt. Es werden auch Netzplastiken an anderen Lokalisationen zur Verstärkung der Bauchwand eingesetzt.

Bei einem großen Schaden der Hinterwand wird zur weiteren Verstärkung eine künstliche Netzplastik vor das Bauchfell gespannt. Diese Technik nennt man eine transinguinale präperitoneale Netzplastik (TIPP). Weitere OP-Verfahren unterscheiden sich von dieser Form durch eine andere Methode zur Verstärkung der Hinterwand des Leistenkanals.

Risiken und Nebenwirkungen während der Therapie:

Verletzung von Nerven, Blutgefäßen, Samenleiter und Gewebe Thrombose, Embolie, thromboembolische KomplikationenVerletzung von Darm, ableitenden Harnwegen etc. Peritonitis (Bauchfellentzündung) Chronischer Schmerz in der Leistengegend RezidivHodenatrophieHarnverhaltenWundheilungsstörungnFadenfisteln und -granulomeZu den Risiken, die während der Operation auftreten können, gehört die ungewollte Durchtrennung des Samenleiters (Ductus deferens oder Ductus spermaticus) beim Mann. In diesem Fall werden die Enden des Samenleiters über eine Schiene aus einem sich allmählich auflösenden Material (in diesem Fall aus Catgut) operativ aneinander gefügt.
Des Weiteren kann es durch einen operativ zu stark verengten inneren Leistenring zu einer Einengung der Samenleiter und der lokalen Gefäße kommen, die zu einer Abflussbehinderung führt. Der Hoden schwillt stark an und kann sogar absterben. Im Rahmen einer Verletzung lokaler Nerven können Sensibilitätsstörungen und Schmerzen auftreten. Die große Beinvene, die Femoralisvene, kann beschädigt oder eingeengt werden und es können sich Blutgerinnsel bilden, die in Richtung Lunge geschwemmt werden. Hieraus kann sich im Ernstfall eine Lungenembolie entwickeln, die eine lebensbedrohliches Komplikation darstellt.

Natürlich können auch andere Organe im Operationsbereich verletzt werden, wie z. B. Darm- und Harnblasenteile. In diesem Fall ist das Risiko einer Entzündung des Bauchfells (Peritonitis) erhöht. Nach der Operation treten bei etwa bis zu fünf Prozent der Fälle ein chronischer Schmerz in der Leistengegend und bei bis zu zehn Prozent ein erneuter Leistenbruch auf.

Folgen und Risiken im Anschluss an die Therapie:
Fehlerhafte Reposition mit eingeklemmten Organteilen Absterben der eingeklemmten Organteile PeritonitisIm Folge der Operation können sich durch eine fehlerhafte Reposition (Zurückdrängen) der Bruchgeschwulst verschiedene Komplikationen ergeben. Wird der Bruchring mit in den Bauchraum gedrückt, so bleibt die Einklemmung der Eingeweideanteile weiterhin bestehen und der Patient entwickelt eine lebensbedrohliche Situation, da diese Organteile absterben und auf weitere Gebiete übergreifen.
Nachbehandlung und Rehabilitation:
Im Rahmen der OP nach Bassini, werden die Patienten nach der Operation im Durchschnitt noch weitere vier bis fünf Tage stationär untergebracht. Am Operationstag wird der Patient zumeist schon mobilisiert und kann für kurze Zeit das Bett verlassen. Im Anschluss daran ist keine spezielle Schonung oder eine andere postoperative Behandlung notwendig. Eine körperliche Belastung des Patienten sollte allerdings nicht mehr in extremen Formen erfolgen.
Anästhesie
Spinalanästhesie
Lokalanästhesie
Allgemeinnarkose
Dauer des Spitalsaufenthalt
0 (ambulant, Tageschirurgisch) bis 4 Tage je nach Alter

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