Brustkrebs

Einleitung

Brustkrebs ist die häufigste bösartige Erkrankung bei Frauen. Die Frühdiagnose des Mammakarzinoms hat in den letzten Jahren durch Patienten-information über Selbstuntersuchungen, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und den Einsatz der Mammographie an Bedeutung zugenommen. Dieser Trend sollte zu einer Früherkennung in einer breiten Bevölkerungsschicht und somit zu einer besseren Prognose führen.

Ein Ergebnis dieser Frühdiagnose ist die Zunahme der Erkennung von in situ-Erkrankungen. Dies führte zu einer Revalierung einerseits der Risiken individueller Patientinnen und darauffolgende Empfehlungen für die Behandlung des in situ-Karzinomes, vor allem im Hinblick auf Brusterhaltung.

Langzeitergebnisse haben nachgewiesen, dass großzügige Tumorektomie mit nachfolgender Bestrahlung sowohl eine überlebensrate erzeugt als auch eine lokoregionale Tumorkontrolle erreicht, die zur Mastektomie äquivalent ist, sodass Brusterhaltung als Standardtherapie für einen Großteil der operablen Brustkarzinome angesehen ist. Sorgfältige chirurgische Technik und Verständnis ist äußerst wichtig, um eine adäquate Rezidivfreiheit und optimale zufriedenstellende Resultate zu erzielen.

Die adjuvante systemische Therapie hat nachweislich zu einer Verminderung der Karzinomrezidive und Verbesserung der überlebensrate geführt. Adjuvante Chemotherapie für jüngere Frauen und Tamoxifen für Hormonrezeptoren-positive Patientinnen sollte für alle außer eine extrem risikoarme Gruppe empfohlen werden.

Die Bedeutung der Kombination von Tamoxifen und Chemotherapie wird in fortlaufenden Studien untersucht

 

Mammadiagnostik heute

 

Durch ihre rasante Entwicklung hat die bildgebende Diagnostik ihren Stellenwert im Screening der Brüste gesunder Frauen, so wie in der Abklärung verdächtiger Veränderungen nicht nur verteidigt sondern sogar ausgebaut.

An Untersuchungsmethoden stehen die Mammographie mit den Sonderformen Pneumozystographie, Vergrößerungsmammographie, Galaktographie und stereotaktischer Lokalisation, die Sonographie und die MR-Tomographie zur Verfügung. Die Szintigraphie hat bisher aufgrund ihrer zu geringen Treffsicherheit enttäuscht. Andere Methoden wie die Thermographie oder die Xeroradiographie sind obsolet. In großen Screening-Programmen in Schweden, aber auch in England und in den USA wurde nachgewiesen, dass die Frühdiagnose nicht nur die Erfolgschancen der Therapie erhöht, sondern auch die Lebensqualität von Karzinompatientinnen wesentlich verbessert. Die Kosten des Screenings sind wesentlich geringer als die einer aufwendigen Therapie eines großen Karzinoms.

Die Mammographie besitzt die höchste Ortsauflösung und kann als einzige Methode Mikroverkalkungen darstellen. Dadurch ist sie die einzige für das Screening geeignete Suchmethode und gleichzeitig der Goldstandard der Mammadiagnostik. Durch die technische Entwicklung in den letzten Jahren ist die Strahlenbelastung für die Patientin deutlich gesunken, sodass nur mehr eine statistisch zu errechnende Gefahr für die Patientin besteht. Bei einer Mammographie ist die Strahlenbelastung vergleichbar einem Flug von Wien nach New York.

Das Risiko, durch lebenslange Vorsorgeuntersuchungen an Krebs zu erkranken ist 1/100.000. Das bedeutet, dass eines von 1 0.000 Mammakarzinomen, die wir heute bei 100.000 Frauen im Laufe ihres Lebens finden, durch die Strahlung ausgelöst sein könnte.

Dieses würde aber durch das Screening rechtzeitig erkannt werden. Die Auflösung der Mammographie wurde durch neue Film-Folien-Kombinationen verbessert. Für ein Screening sollte eine Basismammographie mit 35 durchgeführt werden. Ab dem 40. Lebensjahr werden von der WHO 2-jährlich und ab dem 50. Lebensjahr jährlich Kontrollen empfohlen. Bei Risikopatientinnen oder bei Patientinnen mit sehr dichtem Parenchym, die mammographisch schwieriger zu beurteilen sind, können kürzere Screeningintervalle vereinbart werden. Bei mammographisch unklaren Veränderungen kommen Zusatzuntersuchungen zur Anwendung, die das weitere Vorgehen bestimmen.

 Ultraschalldiagnostik

Die Sonographie stellt eine wichtige Ergänzung zur Mammographie dar. Mit modernen Geräten ist es heute nicht nur möglich zwischen einem zystischen und einem soliden Prozeß zu unterscheiden, man kann auch die Lage, die Form und die Binnenstruktur beurteilen und so einen wesentlich weitergehenden Befund erstellen als vor einigen Jahren. Für einzelne häufige Tumoren wie Fibroadenome gibt es klare Kriterien, sodass sie im Ultraschall mit großer Sicherheit bewiesen werden können. Andererseits bestehen auch Kriterien, die Hinweise auf einen malignen Prozeß geben. Mit der modernen Farbduplexsonographie kann die Gefäßversorgung eines Herdes beurteilt werden.

Wenngleich auch damit keine eindeutige Dignitätsbeurteilung möglich ist, so spricht eine ausgeprägte Vaskularisation mit erweiterten Gefäßen in der Umgebung für einen malignen Prozeß.

MRT

Eine weitere Zusatzuntersuchung ist die Magnetresonanztomographie. Sie ist das bildgebende Verfahren mit dem höchsten Weichteilkontrast und daher für die Beurteilung der Brust sehr geeignet. Als Schnittbildverfahren erlaubt sie überlagerungsfreie Darstellungen des Mammagewebes. Ein wesentlicher Einsatzbereich besteht aber in der präoperativen Abklärung eines Tumors. Hier können Infiltrationen in die Thoraxwand besser, als mit Mammographie und Ultraschall beurteilt werden. Auch lassen sich Satellitenherde im Sinne eines multifokalen oder multizentrischen Wachstums nachweisen.

Die MR-Tomographie liefert hier Zusatzinformationen, die mit keiner anderen Methode zu erhalten sind. Ähnliches gilt für die Erfolgsbeurteilung einer präoperativen Chemotherapie. Währenddie Mammographie nur Größenänderungen zeigt, so kann die MR-Mammographie auch Hinweise auf die Vitalität eines Tumors durch änderung seines Kontrastverhaltens unter Therapie geben. Sie kann eine zentrale Nekrose besser als der Ultraschall darstellen.

In der Nachsorge lassen sich Narben mammographisch und sonographisch oft nicht von Rezidiven unterscheiden. In der MR-Tomographie weisen sie praktisch nie ein Kontrastenhancement auf. Rezidive hingegen zeigen immer ein malignes Kontrastverhalten. Hier hat die MR-Mammographie ebenfalls einen großen stellenwert.

Mammotomie

Bei mammographisch und sonographisch verdächtigen Herden stellt die stereotaktisch gezielte Biopsie (Mammotomie) die Methode der Wahl zum Ausschluss eines Karzinoms dar. Die Mammotomie ist ein diagnostisches und nicht therapeutisches Verfahren. Sie sollte idealerweise zur histologischen Abklärung von unklaren mammographischen Veränderungen herangezogen werden.Präoperativ wird heute jeder nicht tastbare Tumor stereotaktisch lokalisiert und markiert. Diese genaue Ortsangabe ermöglicht die exakte Entfernung einer verdächtigen Läsion. Die Menge des entnommenen Gewebes kann klein gehalten werden, ohne die Regelnder Radikalität zu verletzen. Die Markierung eines Tumors erfolgt entweder durch einen Metalldraht oder durch eine Kohlestaubsuspension.

Mammographisch eindeutig benigne Veränderungen sollten wie bisher weiter kontrolliert werden. Bei klinisch und mammographisch eindeutig malignen Befunden sollte primär eine Operation durchgeführt werden.

Praktische Vorgangsweise und technische Details

In einem ausführlichen psychoonkologischen Gespräch sind der Patientin präoperativ alle für sie in Frage kommenden therapeutischen Möglichkeiten, insbesondere die chirurgischen, zu erklären und die wesentlichen Punkte protokollarisch festzuhalten. Eine Einverständniserklärung der Patientin muß durch deren Unterschrift nachvollziehbar sein.

Wird eine Sofortrekonstruktion bei der Brustamputation gewünscht, ist das Verfahren auszuwählen (myokutaner Lappen, TRAM und dergleichen) und präoperativ im Sitzen oder Stehen die Inzisionslinien mit einer nicht wegwaschbaren Skizze festzuhalten.

Wenn die Frage gestellt wird, welche Patientin axillar lymphadenektomiert werden soll und welche nicht, ist der Ruf nach einer treffsicheren Diskriminante berechtigt. Zur Lösung dieses Problems werden mehrere Wege beschritten. Die faszinierendste Art ist die Suche nach biologischen Faktoren im Primärtumor, die eine lymphogene Propagation vorhersagen oder negieren können. Ein weiterer Ansatz ist der Nachweis des Tumorbefalls der Lymphknoten durch bildgebende Verfahren wie der Immunszintigraphie oder der Positronenemissionstomographie. Eine weitere, wenn auch invasive Technik stellt das Konzept des „sentinel node“ , des „Wächterlymphknotens“, dar. Eien präoperitve Markierung erlaubt das Aufsuchen der 1. Schaltstelle im Abschnitt I des axillären Lyphsystems

Primärtherapie

Eine brusterhaltende Operation wird in der Regel empfohlen bei Tumoren bis 3 cm Durchmesser bei fehlendem Hinweis auf multizentrischen oder multifokalen Tumor Nachresektion ist erforderlich, wenn die Exzisionsränder histologisch nicht tumorfrei sind.

Eine postoperative Bestrahlung der Restbrust mit 50 Gy und Aufsättigung des Tumorbetts bis 60 Gy ist Standard bei der brusterhaltenden Operation. Eine Ablatio mammae wird bei allen oben nicht genannten Tumoren durchgeführt. Die Ablatio wird auch empfohlen bei einem Carcinoma lobulare in situ (wegen der Gefahr der okkulten Multizentrizität). Diese Empfehlung wird allerdings international noch immer kontrovers diskutiert. Bei initial bereits bestehender Fernmetastasierung sollte eine Ablatio in der Regel unterbleiben.

Eine Ausräumung der Axilla (Level I und Level II) ist außerhalb von Studien immer erforderlich bei positivem „sentinel node“ (mit Ausnahme von eindeutigem Carcininoma in situ). Als Qualitätsstandard wird die Entfernung bzw. Untersuchung von mindestens zehn Lymphknoten gefordert. Eine primäre Chemotherapie ist Standard bei inflammatorischem Mammakarzinom. Die axillare Lymphadenektomie ist zumindest im Bereiche des ersten Abschnittes der Axilla bei negativen Lymphknoten eine Grundvoraussetzung, die im Falle klinisch positiver Lymphknoten auf die Abschnitte 2 und 3 ausgedehnt werden sollte.  Eine axillare Lymphadenektomie sollte auch dann erfolgen, wenn der Tumor unter 1 cm Durchmesser mißt.

Je nach Ansprechen des Tumors erfolgt anschließend eine Bestrahlung und dann eine Ablatio oder umgekehrt.

Bei allen anderen Tumoren (z. B. Ziel der präoperativen Tumorverkleinerung bei großen Tumoren) ist die primäre Chemotherapie nicht Standard und muß noch in Studien evaluiert werden.

Je weiter im Gesunden ein Tumor reseziert wird, umso geringer ist die Lokalrezidivrate anzunehmen, aber umso schwächer ist das kosmetische Ergebnis.

Ein ipsilaterales Rezidiv ist jährlich in einem Prozent der Fälle zu erwarten und stellt innerhalb der ersten fünf postoperativen Jahre höchstwahrscheinlich ein wahres Rezidiv dar Außerhalb dieses Zeitraumes ist eher an ein neuerliches Zweitkarzinom zu denken.

Vom histologischen Befund her gibt es kaum eine Kontraindikation für eine Brusterhaltung, allerdings ist im Falle einer extensiven interductalen Komponente die Wahrscheinlichkeit eines Lokalrezidivs viel größer. Daher sollte in diesen Fällen  eine möglichst weite Excision im Gesunden erfolgen.

Junge Frauen unter 35 Jahren haben ebenfalls mit einer hohen Rezidivrate zu rechnen,  da in der Regel schlecht differenzierte diffuse Karzinome vorliegen.

Im Falle eines Rezidivs ist die Mastektomie gerechtfertigt, in einzelnen Fällen läßt sich aber eine neuerliche Resectio mammae ausführen. Das kosmetische Ergebnis ist vom Ausmaß der Resektion und von der Größe der Brust abhängig, allerdings sind die Ergebnisse bei ausgesprochen großen Brüsten schlecht.

Operationsvorbereitungen

Präoperativ
Alle aktuellen Blutbefunde bzw. Röntgenbilder, Sonographie, MRT etc. zeitgerecht
einholen und bereithalten
Kein Antibiotikum (außer Exulzeration)
Armlagerungskissen (mit Steppbezug) mit in den OP geben

    OP-Tag
Nach übernahme vom AWZ – Verband und Vitalzeichenkontrolle, Redon ablesen
und Redonflasche markieren
Arm hochlagern, Nachtkästchen auf die nicht operierte Seite stellen. Venflon noch
belassen
ATS kontrollieren auf eventuelle Einschnürungen
Physikalische Therapie anmelden – wichtig: Diagnose, Operationsart und OP-Datum,
Unterschrift vom Arzt

    Nachmittag
    Mobilisation, wenn der AZ des Patienten es erlaubt. Offenes Hemd, solange noch ein
Redon vorhanden ist. Beim Anziehen zuerst die operierte Seite, Ausziehen zuerst die
gesunde Seite.

1. postop. Tag
    Noch vor der Visite von Venflon (bei komplikationslosem Verlauf) entfernen.

2. postop. Tag
    1. VW, medialer Drain ex, dann täglich durch den Arzt. (Bei nur Resectio mammae – Entlastungs-BH)
Heparin ex (außer immobil und/oder Metastasierung)

3. postop. Tag
    kleines Labor

6. postop. Tag
    Nach Redonentfernung (wenn weniger als 20 ml/d fördert)- Entlastungs-BH    anprobieren. Rezeptformular mit Namen, OP-Art, Artikel- und Größenangabe
(z.B. Entlastungs-BH Größe 75 B) vorbereiten und die übernahme von der Patientin    unterschreiben lassen.
Wenn der Histologiebefund angelangt ist, wird das Nachsorgeschema von Operateur  ausgehändigt. Je nach Bedarf bzw., Anordnung  (Radioonkologie
AKH) und Onkologe-Konsil anmelden.
Vorbereitung für strahlentherapeutisches Konsil: Kopie vom Histologiebefund,
Kopie vom OP-Bericht, Erstgesprächsformular von Strahlentherapie AKH

 

Die Nachsorge brusterhaltend operierter Patientinnen sollte von erfahrenen Senologen durchgeführt werden, wobei jährlich eine Mammographie zum Abschluß eines ipsi-   oder kontralateralen neuen Karzinoms gefordert werden muß.

 

Nachsorge beim Mammakarzinom

Ziel der Nachsorge beim Mammakarzinom ist es, Lokalrezidive bzw. Metastasen rechtzeitig zu erkennen, um durch rasches Einleiten einer Behandlung eine Heilung zu ermöglichen, das Leben der Patientin zu verlängern oder, wenn dies nicht oder nur kurzfristig zu erreichen wäre, die Lebensqualität zu verbessern.

Im Rahmen der Nachsorge wird folgenden Punkten besondere Aufmerksamkeit gewidmet:

  1. Erkennung von Lokal- bzw. von Lymphknotenrezidiven im Operationsgebiet bei zustand nach Ablatio mammae mit und ohne axillarer Lymphadenektomie (modifiziert radikale Mastektomie, Ablatio mammae simplex) und nach brusterhaltender Therapie.
  2. Erkennung von Zweitkarzinomen nach brusterhaltender Therapie der auf  der operierten Seite und auf kontralateralen Brust (sukzedane Duplizität).
  3. Diagnostik der Generalisation der Erkrankung in Knochen, Lunge , Leber, Haut, regionalen Lymphknoten und an selteneren Lokalisationen.
  4. Psychische Betreuung der Patientin unter Einbeziehung ihres Umfeldes. Es gilt hier  eine Fülle von Einzelheiten zu beachten, unter anderem auch die Beratung über  eventuelle kosmetische oder rekonstruktive Maßnahmen.
  5. Erkennung und Behandlung von Folgezuständen der lokoregionalen und  der systemischen Therapie.
  6. Erkennung von Zweitmalignomen anderer Organe (weibliches Genitaler Kolon u.a.). Bei adjuvanter Chemotherapie gibt es derzeit keine gesicherten Hinweise, dass eine vermehrte lokale Tumorfreiheit langfristig erreicht wird. Die Indikationsstellung für die postoperative Strahlentherapie bleibt unverändert bestehen. Die Bestrahlung erfolgt in der Regel nach dem zweiten oder dritten Chemotherapiezyklus. Eine simultane Radiochemotherapie ist möglich, wobei allerdings ein höheres Fibrosierungsrisiko mit allfällig schlechterem kosmetischen Erfolg gegeben ist. Die zu applizierende Strahlendosis wird durch die adjuvante Chemotherapie nicht beeinflusst.

 

 

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