Colitis ulcerosa

Definition
Bei der Colitis ulcerosa handelt es sich um eine chronisch entzündliche Erkrankung der Schleimhaut des Dickdarmes unbekannter Ursache (Ätiologie) und Entstehungsweise
(Pathogenese). Sie beginnt stets im Mastdarm (Rektum) und breitet sich bei etwa der Hälfte der Betroffenen in Richtung des Dickdarms (Kolon) aus.

Die Colitis ulcerosa befällt vorzugsweise das Enddarm (Rektum) und den linksseitigen Dickdarm (Kolon). Sie kann sich aber auch über den gesamten Dickdarm kontinuierlich
ausbreiten.Ein Befall des Dünndarms jedoch ist sehr selten. Das kontinuierliche und auf den Dickdarm beschränkte Ausbreitungsmuster grenzen die Colitis ulcerosa gegenüber
dem Morbus Crohn ab.  Die Colitis ulcerosa stellt mit einer Häufigkeit von bis zu etwa 150 Erkrankten  auf 100.000 Einwohner und ist somit die häufigste chronisch-entzündliche
Darmerkrankung in der westlichen Bevölkerung dar. Das Maximum im primären  Erkrankungsalter liegt zwischen 25 und 40 Jahren. Es erkranken etwas mehr Männer
als Frauen (relatives Risiko etwa 1,2), und es besteht eine geringe familiäre Häufung.  Die genaue Ursache dieser Erkrankung ist jedoch unbekannt. Im Gegensatz zu M. Crohn ist
das Risiko von Rauchern für Colitis ulcerosa eher geringer, bei Ex-Rauchern hingegen ist es um das l,6 fache erhöht.

Ursachen
Die Ursachen sind nach wie vor unbekannt. Man nimmt an, dass mehrere Faktoren  zusammen wirken müssen (multifaktorielle Genese). Diese Annahme stützt sich auf
folgende Beobachtungen bei Patienten mit Colitis ulcerosa:

  • familiäre Häufung (erbliche Veranlagung)
  • Ernährungsfaktoren und Nahrungsbestandteile
  • Störung des Immunsystems
  • Bakterien, Viren
  • psychosomatische Ursachen

Symptome
Die wichtigsten Leitsymptome sind ein blutiger Stuhl mit Schleimbeimengungen und
Durchfall, in schweren Fällen bis zu 30 Stuhlgängen pro Tag sowie Leibschmerzen.
Diese Schmerzen werden im Dickdarm, in der Mitte des Unterbauches oder in der
Kreuzbeingegend empfunden. Häufig verspüren die Patienten Schmerzen vor oder
unmittelbar nach dem Stuhlabgang (Tenesmen). Es können auch Blutabgänge ohne
Stuhl auftreten. Viele Patienten zeigen einen Gewichtsverlust als Folge von
Eiweißverlusten über den Darm und verminderter Nahrungszufuhr, fühlen sich müde
und abgeschlagen. Fieber und eine Zunahme der weißen Blutkörperchen (Leukozytose)
sind relativ häufig.
Schmerzen im Epigastrium und rechten Unterbauch
Schmerzen während der Nahrungsaufnahme
Dyspepsie:
Völlegefühl
Brechreiz
Anorexie
Exzessive Gase
Epigastrischer Schmerz

Ein schwerer Schub liegt vor, wenn mindestens sechs blutige Stühle pro Tag und
zusätzlich Allgemeinsymptome wie Fieber, Tachykardie, Anämie und erhöhte Blut-
senkungsgeschwindigkeit auftreten. Ein Zusammenhang mit anderen Erkrankungen
wie Arthritis, M. Bechterew, Pyoderma gangraenosum und Iritis wird das Öfteren berichtet
Diagnostik
Das Ziel der diagnostischen Untersuchungen ist die Sicherung der Diagnose sowie
die Verlaufskontrolle mit der Feststellung möglicher Komplikationen. Erste Hinweise
ergeben sich aus der Befragung des Patienten (Anamnese) und der körperlichen
Untersuchung, z.B. Blut am Fingerling bei rektaler Untersuchung. Zur Sicherung der
Diagnose und Abgrenzung gegenüber anderen entzündlichen Darmerkrankungen vor
allem gegenüber dem Morbus Crohn bedarf es bildgebender und laborchemischer
Untersuchungsverfahren. Dazu gehören:
Röntgen: Darstellung des Dickdarmes durch Kontrastmittelfüllung
(Kolon-Kontrasteinlauf)
Darmspiegelung (Rektoskopie bzw. Koloskopie) mit Entnahme von Schleimhautproben
(Biopsie) und deren feingewebliche Untersuchung (Histologie)
Ultraschall (Sonographie)
Laboruntersuchungen
Bakteriologische Stuhluntersuchung zum Ausschluss erregerbedingter
Darmentzündungen

Differentialdiagnostisch wird man bei neu aufgetretenen Diarrhöen zuerst versuchen,
infektiöse Ursachen durch Stuhlkulturen bzw. Stuhluntersuchungen auf
Parasiten(Amöben, Lamblien) auszuschließen. Bestehen Durchfälle über vier Wochen,
so spricht man von chronischen Diarrhöen, und es ist eine Ileokoloskopie zur weiteren
Abklärung zu empfehlen (Differentialdiagnose M. Crohn – Colitis ulcerosa
– unspezifische Kolitis). Da die Histologie zu endgültiger Diagnose führt, sollte bei
der Koloskopie unbedingt multiple Proben entnommen werden.Wird das terminale Ileum bei
der Endoskopie nicht erreicht bzw. bestehen Zweifel an der Diagnose der Colitis uicerosa,
sollte zusätzlich ein Enteroklysma (katheterunterstützte Röntgenkontrastuntersuchung des
Ileums, so g. Sellink-Passage) durchgeführt werden um einen Befall des Dünndarms
auszuschließen
Komplikationen
Komplikationen betreffen in erster Linie den Darm und treten bei weniger als 5 bis 7%
der Patienten auf. Die wichtigsten Komplikationen sind:
1. Das toxisches Megakolon
Unter einem toxischen Megakolon versteht man eine überdehnung des Darmes
infolge einer Wandschwäche sowie einer Gasansammlung. Es ist gekennzeichnet
durch starke Schmerzen, anfangs Durchfall, der dann plötzlich aufhört, Blähungen
(Meteorismus), Fieber und Schüttelfrost sowie Herzrasen (Tachykardie). Ohne
entsprechende Therapie kann es zu einem Darmdurchbruch kommen.
2. Darmdurchbruch (Perforation)
Die Darmperforation ist eine lebensbedrohliche Komplikation und erfordert
die sofortige Operation.
3. schwere Darmblutungen
Die Blutverluste können in der Regel durch Bluttransfusionen beherrscht werden,
selten ist bei sonst aussichtslosen Fällen eine Entfernung (Resektion) des betroffenen
Darmabschnittes in Erwägung zu ziehen.
4. Narbenbildung (Strikturen)
Eine Narbenbildung am Darm kann zu einer dauerhaften Engstellung diese Abschnittes
führen, was häufig mit starken, kolikartigen Beschwerden einhergeht. Im Extremfall
kann ein Darmverschluss die Folge sein.
5. Fisteln und Abszesse
Fisteln sind spontan entstandene Verbindungen zwischen einem Hohlorgan und der
Körperoberfläche (äußere Fistel) oder einem anderen Hohlorgan (innere Fistel). Sie
sind relativ schmerzlos, heilen aber schlecht. Abszesse sind Eiteransammlungen in
nicht vorgeformten Körperhöhlen, die äußerst schmerzhaft sind. Beide sind aber bei
der Colitis ulcerosa im Vergleich mit dem Morbus Crohn sehr selten.
6. Entstehung von Dickdarmkrebs
Das Risiko, an einem Dickdarmkrebs zu erkranken nimmt bei Patienten mit Colitis
ulcerosa bei einem langen Krankheitsverlauf (mehr als 10 Jahre) im Vergleich zur
übrigen Bevölkerung zu und liegt dann bei ca. 10%. Bei Befall des gesamten Dickdarms
und 25 Jahren Krankheitsdauer steigt das Krebsrisiko sogar auf ca.40%! Wegen dieser
erhöhten Gefahr einer Krebserkrankung sollte nach 10jähriger Erkrankung 1 mal im
Jahr eine Darmspiegelung des gesamten Dickdarmes mit Gewebeprobeentnahmen
erfolgen. Komplikationen der Colitis ulcerosa können auch außerhalb des Darmes
auftreten, sind aber insgesamt seltener als beim Morbus Crohn anzutreffen, es sind:
Gelenkentzündungen
Entzündungen am Auge
Entzündungen der Gallenwege (häufiger bei Männern)
Leberschädigungen
Hautveränderungen (Erythema nodosum)

Konservative Behandlung
parenterale Ernährung, Antibiose (siehe unten)
Pflanzenfaserreiche Ernährung
Salizylat
Kortison

Das Ziel der Therapie besteht darin, die Symptome zu mindern und Komplikationen zu
vermeiden. Die Behandlung der Colitis ulcerosa erfolgt am besten durch eine Diät und
die Anwendung entzündungshemmender Medikamente.

Die Kost  von Colitis-ulcerosa-Patienten sollte eiweiß- und ballaststoffreich sein.
Manche Patienten reagieren gut auf eine milchfreie Ernährung.Unverträgliche
Nahrungsmittel sind unbedingt zu meiden. In schweren Fällen kann die Umstellung
auf eine vollresorbierbare Elementarkost („Kosmonautennahrung“) oder sogar eine
künstliche Ernährung unter Umgehung der Verdauungstraktes (z.B. intravenös)
notwendig werden.

Die medikamentöse Therapie erfolgt mit Kortikosteroiden oder Salizylaten.Kortikosteroide
werden oral (als Tabletten ), parenteral (intravenös) oder als Zäpfchen bzw. Klysmen
(rektal) eingesetzt. Seit mehr als 40 Jahren wird Salazosulfapyridin erfolgreich
angewendet. Heute steht ein neues Salizylat zur Verfügung (Mesalazin), das sowohl
als Tablette als auch als Zäpfchen benutzt werden kann.

Im Gegensatz zum Morbus Crohn ist bei der Colitis ulcerosa eine prophylaktische
Therapie möglich. Im symptomfreien Intervall wird über mehrere Jahre täglich ein
Salizylat verwendet.

Zur frühzeitigen Diagnose einer möglichen Krebsentwicklung wird, wie bereits erwähnt,
nach einem 10jährigen Krankheitsverlauf 1 mal jährlich eine Spiegelung des gesamten
Dickdarmes  empfohlen.

Chirurgisches Risiko erhöht bei:
1. Alter über 75
2. übergewicht
3. Raucher
4. Alkoholabusus
5. Chronische Lungenerkrankung

Operatives Verfahren
Die Notwendigkeit einer operativen Therapie besteht, wenn Komplikationen auftreten.
Da bei der Colitis ulcerosa die Entzündung auf den Dickdarm beschränkt ist, kann durch
eine Entfernung des gesamten Dickdarmes eine Heilung erreicht werden. Allerdings ist
ein solcher radikaler Eingriff nur besonders schweren Fällen vorbehalten.

Nachbehandlung eines Routinefalles
1. p.o. Tag abends: Magensonde ex, schluckweise Tee
3. p.o. Tag: Kostaufbau
5. p.o. Tag: Entfernung der links paracolisch eingelegten Robinsondrainage,
bis dahin: parenterale Ernährung erforderlich
grundsätzlich: perioperative Antibiotikaprophylaxe mit Breitbandantibiotikum
oder Metronidazol

Anästhesie
Allgemeinnarkose.

Mögliche Komplikationen
1. Paralytischer Ileus.
2. Pneumonie.
3. Nahtdehiszenz
4. Wundheilungsstörungn
5. Thromboembolische Komplikationen

Prognose
Die Prognose der Colitis ulcerosa ist in jedem einzelnen Fall schwer vorhersehbar.
In den meisten Fällen tritt innerhalb eines Jahres nach Abklingen eines Schubes ein
weiterer auf. Bei alleinigem Rektumbefall sind Operationen aufgrund verschiedener
Ursachen seltener als bei ausgedehnteren Formen. Die mittlere Lebenserwartung
ist im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung nicht messbar eingeschränkt.

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